Mit uns in Melverode
Protokoll des Planungstreffen am 25. August 016

60 bis 70 Bürger aus Melverode und angrenzenden Stadtteilen waren der Einladung der Initiative Mit uns in Melverode gefolgt. Als geladene Gäste waren der Städtische Koordinator für das Ehrenamt zur Integration von Flüchtlingen, Herr Rüscher, Frau Ende und Herr Kühl vom Helferkreis „Flüchtlingshilfe“ im Kulturverein Schandelah, sowie Frau Timofeev von der AWO anwesend.

Die Anwesenden wurden zunächst durch Herrn Thomas Eckert als Kirchenvorstand der Dietrich Bonhoeffer Gemeinde Melverode und sodann durch Frau Dagmar Gebauhr als Mitglied der Initiative Mit uns in Melverode begrüßt, die die Initiative kurz vorstellte und durch den weiteren Abend führte.

Sodann stellte Herr Rüscher das am 15.03.2016 einstimmig beschlossene Integrationskonzept der Stadt Braunschweig, seine Aufgaben als Koordinator und die neuesten Entwicklungen hinsichtlich des Flüchtlingszuzugs vor. Die Stadt Braunschweig, die zunächst als Standort der Landesaufnahmebehörde (LAB) von der Unterbringung von Flüchtlingen ausgenommen war, bekommt seit Januar 2016 Flüchtlinge zugewiesen, die zunächst in Sporthallen untergebracht wurden. Zunächst wurde für das Jahr 2016 eine Zahl von 1000 Flüchtlingen erwartet, davon 437 Flüchtlinge bis Ende März 2016. Tatsächlich haben die Flüchtlingsströme durch die Schließung der Balkanroute stark abgenommen, so dass bislang erst ca. 380 Flüchtlinge der Stadt Braunschweig zugewiesen wurden. Dies führte dazu, dass statt der 15 vorgesehenen Standorte zunächst nur 8 Standorte ausgeführt werden. Ob die Wohneinheit in Melverode tatsächlich mit Flüchtlingen belegt wird, hängt von der weiteren Entwicklung der Flüchtlingszahlen ab. Nähere Informationen werden im Herbst oder Ende des Jahres 2016 erwartet.

Das Modell der Wohneinrichtung, die in Melverode Anfang 2017 fertiggestellt sein soll, wurde vorgestellt. Der Innenhof soll auch Bürgern zugänglich sein. Geplant sind Wohneinheiten für eine bis 6 Personen, jeweils ausgestattet mit Nasszelle und Kochnische. Die Einrichtung enthält ferner Gemeinschaftsräume. Sie soll mit bis zu 100 Bewohnern, Familien und Einzelreisenden, belegt werden. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in Melverode nicht untergebracht werden, für sie besteht ein anderes Konzept. Für jeweils 100 Bewohner sind nach dem Integrationskonzept der Stadt ein Sozialarbeiter, ein Hausmeister, eine Verwaltungskraft und ein Sicherheitsdienst vorgesehen. Die Notwendigkeit eines Sicherheitsdienstes wird derzeit überdacht, da es in den Wohneinrichtungen der Stadt – zu denen die LAB nicht gehört – noch zu keinem Zwischenfall gekommen ist. Der Aufenthalt in den Wohneinheiten ist für die Zeit bis zu einer Entscheidung im Asylverfahren vorgesehen. Nach einer Anerkennung als Asylbewerber können die Bewohner zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in den Einrichtungen bleiben, bis sie eine eigene Wohnung gefunden haben.

Im Rahmen der Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Initiativen besteht die Aufgabe von Herrn Rüscher darin, mit den lokalen Netzwerken zusammenzuarbeiten, Helferkreise zu initiieren, wo noch keine bestehen, Integrationsangebote und Bedarfe zu ermitteln und die Helferkreise zu unterstützen. Es wurde ein Informationsblatt herausgegeben, das auf der Seite www.braunschweig.de/fluechtlinge als PDF-Datei heruntergeladen werden kann. Dieses informiert unter anderem über den Versicherungsschutz für Ehrenamtliche, die Möglichkeiten, Aufwendungserstattungen zu erhalten, sowie Anregungen für sinnvolle Aktivitäten und Empfehlungen für den Umgang mit Flüchtlingen, z.B. Beschränkungen des Zugangs zu den Einrichtungen aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre.

Sodann berichtete das Ehepaar Frau Ende und Herr Kühl über die Arbeit ihrer Flüchtlingsinitiative. In Schandelah wurden bereits 2014 Flüchtlinge untergebracht, ohne dass die Einwohnerschaft darauf vorbereitet war, so dass die Initiative Arbeit ohne Vorbilder von Grund auf selbst entwickeln musste. Die Initiative besteht aus 30 Helfern, die folgende Arbeitsgruppen gebildet haben: Rechtliches, Behördenangelegenheiten; Deutschkurse, Hausaufgabenbetreuung; Familienbetreuung, Patenschaften; Arztbesuche, Begleitung; Fahrten zur Braunschweiger Tafel und Verteilung der Lebensmittel; Computer; Kleiderkammer; Finanzen; Gruppeninitiative. Einzelheiten hierzu sind der Seite www.kulturverein-schandelah-ev.de zu entnehmen.

Frau Ende und Herr Kühl berichteten von der großen Bedeutung der Deutschkurse. Daneben sei die Hausaufgabenhilfe für Flüchtlinge, die bereits Integrationskurse besuchten, sehr wichtig, da in diesen Kursen sehr schnell vorangegangen werde. Die Betreuung der Flüchtlinge sei insgesamt sehr arbeitsintensiv. Das gelte insbesondere für Familien. Die Begleitung zum Arzt habe sich in Einzelfällen als lebenswichtig erwiesen. Auch im übrigen würden sich die Flüchtlinge teilweise mit jedem einzelnen Brief an die Initiative wenden, manche hätten auch den Wunsch, ihre Papiere durch sie aufbewahren zu lassen.

Hilfreich für ihre Arbeit sei der Kontakt zu der Flüchtlingsinitiative in Sickte gewesen, die einen Leitfaden herausgegeben und ein Patenkonzept entwickelt habe, ferner die Unterstützung durch einen ehrenamtlich tätigen Rechtsanwalt, der sie über Gesetzesänderungen auf dem Laufenden halte. Die Kommunikation mit den Flüchtlingen erfolge teilweise über WhatsApp.

Die persönlichen Erfahrungen bei der Betreuung der Flüchtlinge seien sehr positiv. Es gebe viele Diskussionen über Kultur, Religion, die Rolle der Frau. Die Flüchtlinge verhielten sich sehr respektvoll, gerade auch Frauen gegenüber. Die meisten hätten in ihrer Heimat ein gutes Leben gehabt und wollten auf die Dauer zurückkehren, an diesem Ziel seien auch ihre Ausbildungswünsche orientiert. Die meisten hätten sehr viel Energie, wollten selbst Geld verdienen und keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Viele seien traumatisiert, wollten darüber aber nicht sprechen. Die Arbeit habe positive Wirkungen für die Gemeinde ergeben. Die Bürger seien näher zusammenrückt und könnten die Flüchtlinge jetzt akzeptieren, viele würden diese inzwischen persönlich kennen. Als Wunsch äußerten Frau Ende und Herr Kühl, dass Kinder besser auf die Ankunft der Flüchtlinge vorbereitet würden – hierzu halten sie Vorträge in Schulen – und dass die Erfahrungen und Einschätzungen der Flüchtlingsinitiative im Asylverfahren berücksichtigt würden.

Durch anschließende Fragen und Beiträge ergaben sich noch folgende Informationen:

Ein Teil der Arbeiten, die in Schandelah durch die Flüchtlingsinitiative geleistet werden, können in Braunschweig durch die nach dem Integrationskonzept vorgesehenen Sozialarbeiter erbracht werden.

Eine besondere Organisationsform, insbesondere die Gründung eines Vereins, erscheint nicht erforderlich, insbesondere weil die ehrenamtlichen Mitarbeiter in Braunschweig über die Stadt – nach Anmeldung - versichert seien.

Für weitere Unterstützung, z.B. durch Dolmetscher und Begleiter, kann sich die Initiative an die Freiwilligenagentur wenden, bei der 2500 Ehrenamtliche registriert sind.

Aufwendungsersatz, z.B. für Eintrittsgelder o.ä. kann bei www.stiftungen-helfen.de beantragt werden. Wichtig ist, dass die Ausgabe erst nach Bewilligung getätigt wird; normalerweise wird innerhalb von 14 Tagen über die Anträge entschieden.

Der Einsatz von Flüchtlingen für vergütete Arbeiten muss angemeldet werden, der Verdienst wird überwiegend auf die Sozialleistungen angerechnet. Etwas anderes gilt, wenn die Flüchtlinge unentgeltliche Nachbarschaftshilfe leisten.

Der Chef der Kriminalpolizei Braunschweig, Herr Ulf Küch hat unter dem Titel „Soko Asyl“ ein informatives Buch über die Flüchtlingssituation in Braunschweig verfasst, das Vorurteile widerlegt. Er wird für die Initiativen auch gerne beratend tätig.

Frau Lina Schönfeld bietet im Box-Club72 e.V. Boxtraining an, das für manche Flüchtlinge zur Bearbeitung ihrer Traumata hilfreich war.

Eine Teilnehmerin aus dem Heidberg berichtete, dass nach ihren Erfahrungen eine Dokumentation darüber, wie sich Flüchtlinge in das Gemeindeleben einbringen, durchaus positive Beachtung im Asylverfahren finde.

Herr Magull bekräftigt das Angebot des SV Melverode, bei der Flüchtlingsbetreuung mit verschiedenen Angeboten im Sportbereich aktiv mitzuarbeiten.

Herr Niehoff teilt mit, dass das Forum auf der homepage www.mit-uns-in-melverode.de einsatzbereit ist. Jeder Interessierte kann sich nach einer einfachen Anleitung anmelden und Beiträge einstellen.

Von den Anwesenden wurde vielfach der Wunsch geäußert, sich in die Betreuung der Flüchtlinge einzubringen. Konkrete Ideen für Aktivitäten und Hilfsangebote konnten aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nur noch angerissen werden.


Die Initiative Mit uns in Melverode bedankt sich bei allen, die durch ihr Kommen ihr Interesse an der Arbeit der Flüchtlingshilfe bekundet haben und besonders bei denen, die zu einer aktiven Mitarbeit bereit sind.

Im Namen der Initiative Mit uns in Melverode:
Katrin Westendorf